Leider falsch
Vielleicht klappt es beim nächsten Quiz.
Der unterlegene Bieter Dieter liest aus der Mitteilung der Zuschlagsentscheidung – neben den Formalita – nur den Gesamtpreis des präsumtiven Zuschlagsempfängers heraus. Er zweifelt an der Angemessenheit dieses Preises und fordert die Auftraggeberin auf, ihm und den übrigen Bietern die dazugehörigen Kalkulationsblätter zu senden. Darf/Muss die Auftraggeberin dem Wunsch entsprechen?
27 Abstimmungen
Erklärung
Öffentliche Auftraggeber:innen dürfen Kalkulationsblätter nicht an andere Bieter:innen weitergeben. Interne Kalkulationsansätze sind Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, die bei der Durchführung eines Vergabeverfahrens vertraulich zu behandeln sind (§ 27 Abs 1 und Abs 2 BVergG 2018). Einblicke in die Kalkulationsblätter der Mitbieter:innen könnten Unternehmer:innen unzulässige Wettbewerbsvorteile verschaffen, indem diese ihre Angebotskalkulation in einem späteren Vergabeverfahren konkret auf dem betriebswirtschaftlichen Detailwissen aufbauen (EuGH 13.6.2025, C-415/23). Zur Vermeidung solcher Wettbewerbsverzerrungen müssen öffentliche Auftraggeber:innen nicht nur das vergaberechtliche Vertraulichkeitsgebot beachten, sondern auch Angebotskalkulationen im Sinne der Chancengleichheit anlassbezogen prüfen (EuGH 15.9.2022, C-416/21). Eine Weitergabe von Kalkulationsblättern zu diesem Zweck an andere Bieter:innen ist damit auch nicht notwendig (insofern ist die Interessenabwägung zu Gunsten der Vertraulichkeit bereits vorweggenommen).
Vertraulichkeit versus Informationsfreiheit: Die obigen Ausführungen gelten für den vergaberechtlichen Schutz der Geheimhaltung während des Vergabeverfahrens. Denkbar wäre aber auch eine Anfrage des unterlegenen Bieters nach Abschluss des Vergabeverfahrens gemäß Informationsfreiheitsgesetz (IFG) zu den Kalkulationsblättern des Zuschlagsempfängers. Auch wenn das Ergebnis in der Regel gleichbleiben wird, ändert sich hier die Vorgehensweise für öffentliche Auftraggeber:innen bei der Prüfung: Die Geheimhaltung gemäß IFG erfordert sehr wohl eine Interessenabwägung im jeweiligen Einzelfall. Fälle, in denen hochsensible Daten, wie die Angebotskalkulation, herauszugeben wären, sind allerdings kaum vorstellbar.
Merke: Öffentliche Auftraggeber:innen können sich in einem laufenden Vergabeverfahren zur Geheimhaltung von Kalkulationsblättern unmittelbar auf das vergaberechtliche Vertraulichkeitsgebot berufen. Dies gilt auch, wenn unterlegene Bieter:innen versuchen würden, im Wege eines Antrags nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) einen Einblick in Kalkulationsblätter zu erhalten (VwGH 26.3.2021, Ra 2019/03/0128).