Update Vergabe 18.04.2023

VwGH: Wie können Wettbewerbe enden?

Eine Auftraggeberin verzichtete in einem Realisierungswettbewerb nach Auswahl des Siegerprojekts auf die Einleitung eines Verhandlungsverfahrens. Der VwGH beschäftigte sich mit den Rechtsfolgen einer solchen Vorgehensweise und traf praxisrelevante Klarstellungen, wie Realisierungswettbewerbe enden können.
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Rechtlicher Kontext

In einem Realisierungswettbewerb wird im Anschluss an die Auslobung ein Verhandlungsverfahren durchgeführt (§ 32 Abs 3 BVergG 2018). Wettbewerbe können – ähnlich den klassischen Vergabeverfahren – vorzeitig mittels Widerrufs beendet werden (§ 165 Abs 11 BVergG 2018).

Ausgangsfall

Eine Salzburger Gemeinde führte einen geladenen Realisierungswettbewerb zur Erarbeitung von Vorentwürfen für den Umbau ihres Gemeindeamtsgebäudes durch. Nach Einlangen von insgesamt vier Wettbewerbsarbeiten wählte das Preisgericht die Arbeit der späteren Revisionswerberin als Siegerprojekt aus. Die Gemeinde fasste im Anschluss aber den Beschluss, den Wettbewerb „abzubrechen“ und kein Verhandlungsverfahren durchzuführen.

Gegen diese Entscheidung brachte die spätere Revisionswerberin Anträge auf Nachprüfung und Feststellung beim Landesverwaltungsgericht Salzburg ein. Das Verwaltungsgericht wies sämtliche Anträge zurück, wogegen sich die Revision an den VwGH richtete.

Entscheidung des VwGH

Nach Ansicht des VwGH war die Entscheidung der Gemeinde über den „Wettbewerbsabbruch“ weder als Widerrufsentscheidung noch als Widerruf zu qualifizieren. Er interpretierte diese Entscheidung dahingehend, den Realisierungswettbewerb ohne weitere Zulassung von Teilnehmer:innen zu einem anschließenden Verhandlungsverfahren faktisch beenden zu wollen. Darin erkannte der VwGH eine Rechtswidrigkeit, weil einem Realisierungswettbewerb zwingend ein Verhandlungsverfahren zu folgen hat, sofern kein Widerruf des Auslobungsverfahrens erfolgt ist. Ein Realisierungswettbewerb endet demnach entweder mit Widerruf oder mit Einleitung eines anschließenden Verhandlungsverfahrens.

Fazit

Die Formen der Beendigung von Wettbewerben sind im Gesetz abschließend aufgezählt. So können Wettbewerbe – bei Vorliegen der Voraussetzungen – mit Widerruf enden. Kommt es zu keinem Widerruf, hat einem Realisierungswettbewerb zwingend ein Verhandlungsverfahren zu folgen und damit einhergehend die Zulassungen bzw Nicht-Zulassungen der Betroffenen zum Verfahren. Ideenwettbewerbe enden hingegen mit der Entscheidung über die Vergabe der Preisgelder oder der Zahlungen. Sonstige Beendigungsformen sind nicht vorgesehen und können gegebenenfalls mit Erfolg bekämpft werden.

Gabriel Kielbasa

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