Update Vergabe 26.03.2019

VwGH gibt Antrag auf aufschiebende Wirkung statt

Der VwGH gibt dem Antrag auf aufschiebende Wirkung eines vom Vergabeverfahren ausgeschiedenen Bieters statt, der die Ausscheidensentscheidung für nichtig erklären lassen wollte. Was bedeutet das für die Praxis von Auftraggebern?
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Neuerungswert
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Kontext

Bemerkenswert ist der jüngste VwGH-Beschluss deshalb, weil in der Judikatur des Gerichtshofs Anträgen auf aufschiebende Wirkung äußerst zurückhaltend stattgegeben wurde. In der (vergaberechtlichen) Vergangenheit gewährte er diese in nur fünf (!) Fällen. Ein solcher Antrag bewahrt die Revisionswerberin vor den behaupteten Nachteilen durch die Gerichtsentscheidung – im konkreten Fall wird durch die aufschiebende Wirkung die Ausscheidungsentscheidung nicht rechtskräftig. Wenn der VwGH seine restriktive Haltung bei der Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung ändert, ist dies aus Auftraggebersicht durchaus beachtlich.

Voraussetzungen für die Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung

Die Stattgabe eines Antrags auf aufschiebende Wirkung setzt voraus, dass die bekämpfte Entscheidung einem „Vollzug“ zugänglich ist. Durch den Vollzug muss der Revisionswerberin ein „unverhältnismäßiger Nachteil“ erwachsen. Eine aufschiebende Wirkung wird der Revisionswerberin dann nicht zuerkannt, wenn dem Antrag zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen. Schließlich ist eine Interessenabwägung zwischen den öffentlichen Interessen sowie jenen der Revisionswerberin vorzunehmen.

Beurteilung des VwGH im konkreten Fall

Der VwGH führte aus, dass man von einer „Vollzugsfähigkeit“ bereits dann spricht, wenn die Entscheidung einen Rechtsverlust herbeiführen kann. Der Revisionswerberin drohte deshalb ein Rechtsverlust, weil sie als vom Vergabeverfahren Ausgeschiedene nicht von der Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung gemäß § 131 Abs 1 BVergG 2006 benachrichtigt wird. Auftraggeber sind dieser (insofern mit § 143 Abs 1 BVergG 2018 vergleichbaren) Bestimmung zufolge verpflichtet, den im Vergabeverfahren verbliebenen Bietern mitzuteilen, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll. Als „verblieben“ gelten jene Bieter, die nicht ausgeschlossen wurden oder deren Angebot nicht rechtskräftig ausgeschieden wurde.

Ein unverhältnismäßiger Nachteil liegt grundsätzlich dann vor, wenn die Revisionswerberin einen vermögenswerten Nachteil glaubhaft machen kann. Im vorliegenden Fall hat dem VwGH das Vorbringen ausgereicht, wonach der Antragstellerin ohne die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die realistische Chance auf Erhalt des Zuschlages verlustig ginge und damit ein wichtiges Referenzprojekt verloren würde (weil bei Zutreffen der Revisionsbegründung wären alle Bieter auszuscheiden und das Vergabeverfahren deshalb zu widerrufen).

Konsequenzen

Gibt der VwGH einem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung statt, tritt die jeweilige Rechtsfolge der Gerichtsentscheidung vorerst nicht ein – sie wird für die Dauer des Verfahrens vor dem VwGH hinausgeschoben. In unserem Fall wird dadurch die Ausscheidensentscheidung (noch) nicht rechtskräftig. Das bedeutet, dass die Revisionswerberin vorerst als „verbliebene“ Bieterin iSd § 143 Abs 1 BVergG 2018 gilt und ihr die Auftraggeberin in weiterer Folge die Zuschlagsentscheidung mitzuteilen hat, welche sodann nach den einschlägigen Vorschriften bekämpft werden kann.

Karlheinz Moick / Stephanie Szenkurök

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