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Ein öffentlicher Auftraggeber schließt eine Rahmenvereinbarung über die Lieferung von Büromöbel mit einem Unternehmer ab. Das in den Verfahrensunterlagen angegebene Auftragsvolumen orientierte sich am Bedarf des Unternehmensstandorts über die gesamte Laufzeit. Darf im Fall einer umfangreichen Standorterweiterung der zusätzliche Bedarf uneingeschränkt mit Abrufen aus der bestehenden Rahmenvereinbarung abgedeckt werden?

495 Abstimmungen

Explanation

Öffentliche Auftraggeber sind zwar schon aufgrund gesetzlicher Bestimmungen „gegebenenfalls“ dazu angehalten, das maximale Abrufvolumen aus einer Rahmenvereinbarung während der gesamten Laufzeit anzugeben (vgl § 31 Abs 7 BVergG). Seit der Entscheidung des EuGH vom 19.12.2018, C-216/17, Coopservice, steht jedoch fest, dass öffentliche Auftraggeber in jedem Fall zur Angabe der abrufbaren „Höchstmenge“ verpflichtet sind. Abgeleitet wird diese Verpflichtung aus den Grundsätzen der Transparenz und Gleichbehandlung. Wert und Häufigkeit der einzelnen Abrufe zählen demgegenüber nicht zu den jedenfalls erforderlichen Angaben. Sobald das angegebene Volumen erreicht ist, „verliert die Rahmenvereinbarung ihre Wirkung“. Alle darüber hinausgehenden Abrufe sind daher grundsätzlich unzulässig.

Freilich sind auch bei Rahmenvereinbarungen unwesentliche nachträgliche Änderungen erlaubt, sofern sich der Gesamtcharakter dadurch nicht verändert. Auch eine Überschreitung der abrufbaren Höchstmenge ist daher innerhalb der Grenzen des § 365 BVergG möglich. Grundsätzlich darf gemäß Abs 3 Z 1 die wertmäßige Änderung maximal 10 % bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen bzw 15 % bei Bauaufträgen der ursprünglichen Auftragssumme betragen und zusätzlich den in § 12 BVergG genannten Schwellenwert nicht übersteigen (sogenannte „safe haven“-Klausel). Zulässig ist gemäß Abs 3 Z 2 auch eine Änderung aufgrund klar, präzise und eindeutig formulierter Änderungsklauseln in den ursprünglichen Verfahrensunterlagen. Unter bestimmten Voraussetzungen ist gemäß Abs 3 Z 5 und 6 sogar eine Änderung bis zu einem Gesamtwert von 50 % des Wertes des ursprünglichen Auftrags zulässig.

Der öffentliche Auftraggeber des Ausgangsfalls darf somit die festgelegte Höchstmenge nicht uneingeschränkt, jedoch bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen und innerhalb gewisser Grenzen überschreiten. Klar, präzise und eindeutig formulierte Änderungsklauseln zum Auftragsvolumen enthalten die Ausschreibungsunterlagen nicht. Eine Erweiterung des Auftragsvolumens um bis zu 50 % ist gegenständlich wohl schwer begründbar, da ein Wechsel des Auftragnehmers bei Beschaffungsgegenständen wie Büromöbel in aller Regel weder mit erheblichen Schwierigkeiten noch mit beträchtlichen Zusatzkosten iSd Z 5 verbunden wäre und eine umfangreiche Standorterweiterung in der Regel auch nicht „unvorhersehbar“ iSd Z 6 ist. Im gegenständlichen Fall ist daher uU eine Überschreitung des Gesamtvolumens der bestehenden Rahmenvereinbarung um maximal 10 %, gedeckelt mit der Höhe des einschlägigen Schwellenwerts (derzeit EUR 214.000,- bzw EUR 139.000,- für zentrale öffentliche Auftraggeber), zulässig.

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