Oh no
Maybe you'll get it the next time!
Das Angebot einer Bieterin liegt deutlich unter dem geschätzten Auftragswert. Im Rahmen der vertieften Angebotsprüfung erklärt die Bieterin, ihr Angebot beruhe auf „langjähriger Erfahrung“ und Durchschnittswerten. Darf die Auftraggeberin aufgrund dieser Erklärung von der Angemessenheit des angebotenen Preises ausgehen?
403 Abstimmungen
Explanation
Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) stellte in seiner Entscheidung vom 09.04.2024, Ra 2023/04/0056 klar, dass die Angemessenheit der Preise gemäß § 137 Abs 1 BVergG 2018 nur dann angenommen werden kann, wenn die Kalkulation nachvollziehbar und schlüssig dargelegt wird. Ein rein pauschaler Verweis auf „langjährige Erfahrungswerte“ ist nicht geeignet, konkrete Zweifel an der Zusammensetzung des Preises auszuräumen (vgl auch bereits VwGH 08.09.2021, Ro 2020/04/0007) Vom Bieter vorgebrachte Erfahrungswerte müssen nachvollziehbar sein und in einen überprüfbaren Zusammenhang zur ausgeschriebenen Leistung gebracht werden können.
Im konkreten Fall hatte ein fünfköpfiges Bautechnikerteam der Auftraggeberin das ungewöhnlich niedrige Angebot einer Bieterin geprüft. Auf Basis eigener Erfahrungswerte und einer Baustellenbegehung ermittelte das Team eine Mindeststundenzahl, die für die Ausführung der Leistung erforderlich wäre. Diese Einschätzung wurde in die vertiefte Angebotsprüfung übernommen. Die Bieterin konnte trotz mehrfacher Aufforderung nicht nachvollziehbar darlegen, wie sie mit ihrem deutlich geringeren Zeitansatz sämtliche Teilleistungen erbringen wollte. Sowohl das Verwaltungsgericht Wien als auch der VwGH bestätigten, dass ein bloßer Hinweis auf Erfahrungswerte ohne nachvollziehbare Erläuterung nicht ausreichen.