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Die Gemeinde Ost-Ernest schreibt Baumeisterleistungen in einem offenen Verfahren im Oberschwellenbereich nach dem Bestangebotsprinzip aus. Die Zuschlagskriterien legt sie mit "Angebotspreis" (90%) und "Verlängerung der Gewährleistungsfrist" (10%) fest. Ein Bieter bekämpft die Ausschreibung mit der Begründung, die Verlängerung der Gewährleistungsfrist sei ein unzulässiges Feigenblattkriterium, dem bei der Ermittlung des besten Angebots keine tatsächliche Relevanz zukomme. Mit Erfolg?

356 Abstimmungen

Explanation

Der VwGH (25.06.2024, Ra 2021/04/0099) entschied in einem ähnlich gelagerten Fall, dass auch gering gewichtete Qualitätskriterien – wie etwa die „Verlängerung der Gewährleistungsfrist“ mit 10 % – nicht automatisch unzulässig sind. Entscheidend ist, ob das Kriterium im konkreten Fall Einfluss auf die Angebotsreihung haben kann. Nicht allein die Prozentzahl, sondern die Differenzierungswirkung des Kriteriums ist ausschlaggebend. Ein Zuschlagskriterium ist nur dann ein unzulässiges „Feigenblattkriterium“, wenn es de facto keinen Einfluss auf das Ergebnis haben kann. Die Relevanz eines Kriteriums ist dabei ex ante, also zum Zeitpunkt der Festlegung der Zuschlagskriterien und bezogen auf den konkreten Beschaffungsvorgang, zu beurteilen – nicht im Nachhinein.

Praxistipp für Auftraggeber:innen: Aus (zivil-)rechtlicher Sicht ist neben der Gewährleistungsfrist auch die Beweislastumkehr von großer Bedeutung. Letztere endet für öffentliche Auftraggeber:innen – ohne abweichende Vereinbarung – sechs Monate nach Übergabe. Nach Ablauf dieser Frist obliegt dem:der öffentlichen Auftraggeber:in der Nachweis, dass der Mangel bereits zum Zeitpunkt der Übergabe angelegt war. Dieser Nachweis ist oftmals schwer zu erbringen. Erwägt ein:e Auftraggeber:in daher die Bewertung der Verlängerung der Gewährleistungsfrist, sollte sie sie auch dies mit einer Verlängerung der Frist für die Beweislastumkehr kombinieren.

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