Oh no

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Eine öffentliche Auftraggeberin möchte den Bieter:innen bei den Erstangeboten im Verhandlungsverfahren mehr Spielraum lassen. Sie legt deshalb fest, dass die Erstangebote nur „indikativ“ sind und zwar bestimmten Mindestanforderungen entsprechen müssen, im Übrigen aber von den Ausschreibungsunterlagen abweichen dürfen. Zulässig?

195 Abstimmungen

Explanation

Die Vorgehensweise wird öfters von Auftraggeber:innen bei Verhandlungsverfahren gewählt. In Österreich fehlt bis dato Judikatur zur Zulässigkeit einer solchen Festlegung. Sehr wohl hat aber das OLG Düsseldorf dazu bereits Stellung bezogen (Beschluss vom 29.06.2017 – VII-Verg 7/17). Die Grundsätze der Entscheidung sind unserer Ansicht nach auch auf die österreichische Rechtslage übertragbar:

Handelt es sich somit um indikative Angebote in einem Verhandlungsverfahren, ist ein Angebotsausschluss nicht bei jeder Abweichung von den Vergabeunterlagen […] zulässig. Denn Sinn und Zweck sowie Besonderheit des Verhandlungsverfahrens ist es, dass der Angebotsinhalt nicht von vornherein feststehen muss, sondern – im Gegensatz zu offenem und nicht offenem Verfahren – im Rahmen von Verhandlungsrunden mit den Bietern fortentwickelt, konkretisiert und verbessert werden kann […]. Dementsprechend kann der Auftraggeber ein Verhandlungsverfahren durchaus so gestalten, dass Abweichungen von einzelnen Vergabeunterlagen erlaubt sind; maßgeblich sind daher die vom Auftraggeber für das Verhandlungsverfahren insoweit aufgestellten Bedingungen, soweit ihnen Vergaberecht nicht entgegensteht […]. Abweichungen vom gewünschten Angebotsinhalt bzw. Angebotsmängel können demnach unter Umständen in nachfolgenden Angebotsrunden beseitigt werden […]. Soweit der Auftraggeber allerdings zwingende Anforderungen an die Angebote aufstellt, sind diese Anforderungen – dies gilt auch für indikative Angebote […] – als Mindestanforderungen […] zwingend zu beachten […]. Voraussetzung hierfür ist, dass die Mindestanforderungen – wie für alle Bereiche der Vergabeunterlagen erforderlich – eindeutig und unmissverständlich aufgestellt wurden.

Dies gilt allerdings nicht für die finalen Angebote, über die keine weiteren Verhandlungen mehr stattfinden (BayObLG, Beschluss vom 03.06.2022 – Verg 7/22).

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