VwGH: Kostenverschiebungen bei den Lohnkosten können zum Ausscheiden führen
Eine Bieterin kalkulierte aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen die Lohnkosten bloß in eine von vier geforderten Hauptgruppen des Leistungsverzeichnisses. In den anderen Hauptgruppen wies sie null Euro an Lohnkosten aus. Der VwGH bestätigte die Entscheidung des BVwG, wonach solche Kostenverschiebungen gegen die in den Ausschreibungsbedingungen geforderte Preisaufgliederung verstoßen.- EuGH
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Rechtlicher Kontext
Im Verfahren zur Vergabe eines Bauauftrags im Oberschwellenbereich waren gemäß den bestandfesten Ausschreibungsunterlagen eine vollständige Auspreisung inkl aller angebotenen Nachlässe gefordert und in vier Hauptgruppen jeweils anteilige Lohnkosten auszupreisen. Eine Bieterin kalkulierte die Lohnkosten nur in eine der vier Hauptgruppen und gab in den anderen Hauptgruppen als Lohnkosten null Euro an. Im Rahmen der vertieften Angebotsprüfung führte sie begründend aus, dass die betreffenden Positionen in den anderen Hauptgruppen für den Lohnanteil kostenneutral angeboten werden können. Die Auftraggeberin schied daraufhin das Angebot wegen Widerspruch gegen die Ausschreibungsbestimmungen aus. Mit Nachprüfungsantrag bekämpfte die Bieterin die Ausscheidensentscheidung vor dem BVwG.
Instanz
Das BVwG wies den Nachprüfungsantrag ab. In den Ausschreibungsunterlagen war festgelegt, dass die Lohnkosten auf Positionsebene innerhalb jeder Hauptgruppe zu kalkulieren waren. Daraus leitete das Gericht (entsprechend seiner ständigen Judikatur) ab, dass keine Verschiebungen oder Verlagerungen von Kosten zwischen Positionen vorgenommen werden durften. Da die Bieterin auch nach eigenen Angaben Kosten ausschließlich in eine Hauptgruppe kalkuliert hat, lag ein der Ausschreibung widersprechendes Angebot vor, das zwingend auszuscheiden war. Wirtschaftliche Überlegungen konnten ein Abweichen von der Ausschreibung nicht rechtfertigen.
Der mittels außerordentlicher Revision angerufene VwGH bestätigte das Erkenntnis des BVwG, weil dieses „in nicht unvertretbarer Auslegung der Auftraggebererklärung darauf geschlossen [hat], dass das Angebot […] nicht den in den Ausschreibungsbedingungen festgelegten Anforderungen zur Preisaufgliederung entsprochen hat“.
Ergebnis/Fazit
Vorsicht bei Kostenverschiebungen im Angebot. Meistens fallen diese durch sehr niedrige Positionspreise oder Null-Preise auf. Auch wenn Null-Preise nicht automatisch zum Ausscheiden des Angebots führen dürfen (siehe dazu EuGH: Null-Positionen sind kein Widerspruch zur Ausschreibung), wird darin von den Gerichten häufig ein Widerspruch gegen die Ausschreibung erkannt. Im konkreten Fall konnten nach Ansicht des BVwG wirtschaftliche Überlegungen einer Bieterin nicht dazu führen, dass auszuweisende Kosten in anderen Positionen berücksichtigt werden und eine offensichtliche Verlagerung von Kosten(-teilen) vorgenommen wird.
Karlheinz Moick / Franz-Christoph Sulzmann