Update Vergabe 14.05.2024

VwGH: Abrufvolumen bei Rahmenvereinbarungen über besondere Dienstleistungen

Auftraggeber:innen haben sich bereits daran gewöhnt, dass bei Rahmenvereinbarungen das geschätzte und das maximale Abrufvolumen zu Beginn des Verfahrens anzugeben ist. Doch gilt das auch bei der Vergabe besonderer Dienstleistungen? Immerhin findet sich bei diesen im Angabefeld des Bekanntmachungsformulars der Hinweis: „soweit möglich“. Der VwGH bringt Licht ins Dunkel.
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Rechtlicher Kontext

Nach der Rechtsprechung des EuGH ist bei der Vergabe von Rahmenvereinbarungen einerseits die Schätzmenge bzw. der Schätzwert und andererseits die Höchstmenge bzw. der Höchstwert in der Bekanntmachung oder den Ausschreibungsunterlagen (bzw Teilnahmeunterlagen) anzugeben. Der VwGH befasste sich mit der Frage, ob das auch für die Vergabe besonderer Dienstleistungen (nach § 151 BVergG) gilt.

Sachverhalt

Mehrere Auftraggeberinnen führten ein zweistufiges Vergabeverfahren mit Bekanntmachung zur Vergabe einer Rahmenvereinbarung über besondere Dienstleistungen durch. Eine Interessentin bekämpfte die Teilnahmeunterlagen, unter anderem mit dem Argument, dass in der Bekanntmachung der geschätzte Gesamtwert der Rahmenvereinbarung nicht angegeben worden war.

Die Auftraggeberinnen entgegneten, die Gesamtmenge sei abhängig von den aktuellen Bedarfszahlen und den Planungsgrundlagen, die einem Wandel unterliegen und daher nicht abschließend festgelegt werden könnten. Außerdem handle es sich um besondere Dienstleistungen, die gemäß § 151 BVergG vereinfacht vergeben werden können. Das einschlägige Bekanntmachungsformular weiche von klassischen Auftragsbekanntmachungen ab und sehe die Angabe des geschätzten Gesamtwerts nur vor, wenn diese Information bekannt sei. Daher sei die fehlende Angabe auch nicht rechtswidrig.

Entscheidungsinhalt

Der Verwaltungsgerichtshof betonte zunächst, dass die Teilnahmeunterlagen hinreichend konkret sein müssen, damit ein:e interessierte:r Unternehmer:in beurteilen kann, ob eine Teilnahme am Vergabeverfahren sinnvoll ist. Dafür muss zwar die Leistungsbeschreibung noch nicht im Detail offengelegt werden. Der Rechtsprechung des EuGH folgend sind aber sowohl Schätzmenge und/oder Schätzwert als auch Höchstmenge und/oder Höchstwert der Rahmenvereinbarung in der Bekanntmachung oder den Ausschreibungsunterlagen anzugeben.

Diese Rechtsprechung ist nach Ansicht des VwGH auch auf Auftragsbekanntmachungen von besonderen Dienstleistungen übertragbar, weil der EuGH seine Rechtsprechung aus den allgemein geltenden Grundsätzen der Gleichbehandlung und der Transparenz entwickelt hat. Das Fehlen des geschätzten Gesamtwerts verstößt auch deshalb gegen den Transparenzgrundsatz, weil Auftraggeberinnen ansonsten unbeschränkt Abrufe tätigen könnten und Rahmenvereinbarungspartner vertraglich haftbar wären, wenn sie die geforderten Mengen nicht liefern könnten.

Ergebnis/Fazit

Der VwGH wendet die Rechtsprechung des EuGH zur Angabe des maximalen Abrufvolumens aus Rahmenvereinbarungen in der Bekanntmachung auch auf die Ausschreibung von besonderen Dienstleistungen an. Auftraggeber sollten darauf achten, in der Bekanntmachung und/oder den Ausschreibungsunterlagen sowohl Schätzwert und/oder Schätzmenge als auch Höchstwert und/oder Höchstmenge anzugeben.

Interessant ist der Eingangshinweis, den der VwGH seiner rechtlichen Beurteilung voranstellt: Das Fehlen der Angabe eines geschätzten Gesamtwerts in der Bekanntmachung und den Ausschreibungsunterlagen kann nach Ansicht des VwGH für sich genommen nicht bestandfest werden. Wie dieser Satz zu verstehen ist, wird im Erkenntnis nicht näher beleuchtet. Der EuGH hatte dazu festgehalten, dass die fehlende Angabe des Gesamtvolumens der Gültigkeit der Rahmenvereinbarung nicht im Wege steht, sofern eine Bekanntmachung erfolgt ist.

Karlheinz Moick

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