Update Vergabe 13.11.2024

EuGH zu Bauauftrag im Deckmantel einer Förderung

Eine millionenschwere Finanzhilfe der Slowakischen Republik an eine Unternehmerin für den Bau eines Fußballstadions, gepaart mit einem Kaufvorvertrag, gerät ins Visier des Europäischen Gerichtshofs. Legitime Förderung oder doch vergaberechtswidrig erteilter Bauauftrag? Der EuGH schafft Klarheit.
  • EuGH
  • VwGH
  • BVwG / LVwG
  • Sonstiges
Novelty
3 out of 5

Rechtlicher Kontext

Gemäß § 5 Z 3 BVergG 2018 (vgl Art 2 Abs 1 Z 6 RL 2014/24/EU) sind Bauaufträge entgeltliche Verträge über die Erbringung einer Bauleistung durch Dritte gemäß den vom öffentlichen Auftraggeber genannten Erfordernissen. Dabei ist gleichgültig, mit welchen Mitteln die Erbringung erfolgt, sofern der öffentliche Auftraggeber einen entscheidenden Einfluss auf die Art und die Planung des Vorhabens hat.

Instanz

Die slowakische Regierung gewährte einer Unternehmerin eine Finanzhilfe iHv 27,2 Mio Euro für den Bau eines neuen Fußballstadions. Am selben Tag schloss sie mit der Unternehmerin einen Kaufvorvertrag über den Erwerb des zu errichtenden Gebäudes ab. Im Vertrag legten die Parteien unter anderem detaillierte technische Spezifikationen und Materialparameter für das zu errichtende Stadion fest. Ein Vergabeverfahren wurde vor Abschluss des Vertragskonstrukts nicht durchgeführt. Im Zuge eines Rechtsstreites zwischen den Parteien äußerte sich nun der EuGH zur Frage, ob das Vertragswerk einen öffentlichen Bauauftrag iSd Vergaberechts darstellt.

Sachverhalt

Der Gerichtshof stellte eingangs klar, dass auch Willensvereinbarungen in mehreren Dokumenten einen Vertrag im Sinne des Art 2 Abs 1 Z 6 RL 2014/24/EU darstellen können. Hierfür spricht im konkreten Fall auch der zeitliche und sachliche Zusammenhang der Dokumente. Für das Vorliegen eines Bauauftrags muss neben einer Bauleistung die Entgeltlichkeit gegeben sein. Diese äußert sich in der Begründung wechselseitig bindender und einklagbarer Verpflichtungen. Der synallagmatische Charakter kann sich auch durch ein unmittelbares wirtschaftliches Interesse äußern, wie die kostenlose Nutzung oder eine öffentliche Zweckbestimmung des Bauwerks. Ein Bauauftrag liegt ferner vor, wenn das Bauwerk gemäß den Erfordernissen des öffentlichen Auftraggebers bzw der öffentlichen Auftraggeberin errichtet werden soll. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Auftraggeber Einfluss auf die architektonische Struktur des Gebäudes hat. Dabei ist gleichgültig, welche Mittel für die Errichtung des Bauwerks eingesetzt werden.

Im Ergebnis begründete das Vertragswerk folglich einen öffentlichen Bauauftrag, weil gegenseitige Verpflichtungen eingegangen wurden. Dass die gewährte Finanzhilfe zuvor von der Kommission als mit dem Binnenmarkt vereinbar anerkannt wurde, ist für die Klassifizierung als öffentlicher Auftrag unerheblich.

Ergebnis/Fazit

Die Ausschreibungspflicht eines öffentlichen Auftrags kann nicht durch die Aufteilung der wechselseitigen Pflichten auf zwei Vertragsunterlagen oder einen nachgelagerten Kaufvorgang umgangen werden. Ferner kommt es bei der vergaberechtlichen Einordnung von – auch beihilferechtlich zulässigen – Zuwendungen auf das Entstehen wechselseitig einklagbarer Pflichten an. Hat der:die öffentliche Auftraggeber:in einen Mehrwert aus der finanziellen Zuwendung, wird häufig von einem öffentlichen (Bau)Auftrag auszugehen sein.

Sebastian Feuchtmüller / Lukas Ludvik

WordPress Cookie Notice by Real Cookie Banner