Update Vergabe 03.10.2023

EuGH: Antragslegitimation der bestandfest ausgeschlossenen Bieterin?

Der EuGH beschäftigt sich neuerlich mit dem Zugang zum Vergaberechtsschutz: Können bereits ausgeschlossene Bieter:innen die Zuschlagsentscheidung anfechten? Der Gerichtshof bleibt seiner Linie treu.
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Rechtlicher Kontext

Das rumänische Verteidigungsministerium leitete ein Vergabeverfahren zur Beschaffung von Schießständen in zwei Losen ein. Nach Angebotsprüfung teilte das Ministerium der Bieterin Armaprocure zum einen die Ablehnung ihres Angebots in beiden Losen und andererseits die Zuschlagsentscheidung zugunsten anderer Bieter:innen mit. Armaprocure unternahm in weiterer Folge intensive Anstrengungen zur Bekämpfung dieser Entscheidung und schöpfte den nationalen Instanzenzug aus. Das letztinstanzliche rumänische Berufungsgericht bestätigte schlussendlich die Ablehnung ihres Angebots in beiden Losen (eine weitere Anfechtungsmöglichkeit war nicht mehr möglich). Das Verteidigungsministerium schloss daraufhin die Verträge mit den jeweiligen Billigstbieter:innen ab. Gegen diese Entscheidung leitete Armaprocure erneut ein Rechtsschutzverfahren ein. Laut ihr sei es für die Anfechtung nicht erforderlich, dass sie die Eigenschaft einer Bieterin habe. Es genüge bereits ein „Interesse“ an der Aufhebung der Entscheidung.

Entscheidungsinhalt

Der EuGH verwies zunächst auf seine Fastweb-Judikatur, wonach nicht rechtskräftig ausgeschlossene Bieter:innen ein Interesse zur Beantragung des Ausschlusses der übrigen Bieter:innen haben. Der Ausschluss der anderen Bieter:innen kann nämlich die Einleitung eines neuen Vergabeverfahrens zur Folge haben, das den Betroffenen eine neue Angebotslegung ermöglicht (vgl dazu Update Vergabe vom 14.04.2021). Dieser Rechtssprechungsgrundsatz gilt allerdings nur bis zum endgültigen Ausschluss von Bieter:innen. Ein:e Bieter:in ist endgültig ausgeschlossen, wenn ihm:ihr der Ausschluss mitgeteilt und von einer unabhängigen Nachprüfungsstelle als rechtmäßig anerkannt wurde oder keinem Nachprüfungsverfahren mehr unterzogen werden kann.

Ein solches Interesse kann aber nicht daraus abgeleitet werden, dass der:die Betroffene den Zuschlag erhalten könnte, wenn die Auftraggeberin nach Aufhebung der betroffenen Entscheidung ein neues Verfahren einleitet. Armaprocure mangelte es somit an der Antragslegitimation.

Ergebnis/Fazit

Die Entscheidung reiht sich inhaltlich nahtlos in die bisherige Fastweb-Judikatur des EuGH zum Thema Antragslegitimation ausgeschiedener Bieter:innen ein. Der EuGH betont konsequenterweise, dass einem:einer endgültig ausgeschlossenen Bieter:in kein Rechtsbehelf zusteht, wenn sein:ihr Ausschluss bestandskräftig ist. Es spielt dabei keine Rolle, ob die Bestandfestigkeit durch Ausschöpfung der nationalen Rechtsbehelfe oder durch Fristablauf eintritt.

Der EuGH erteilt damit einer ausufernden Auslegung seiner Fastweb-Judikatur eine Absage und stärkt die Rechtssicherheit für Auftraggeber:innen.

Gabriel Kielbasa / Thomas Mühlböck

 

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