Update Vergabe 15.01.2020

Direktvergaben im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV)

Mit Vergaben im Bereich der öffentlichen Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße setzte sich die Judikatur im letzten Jahr intensiv auseinander. In neuen Entscheidungen klären EuGH und VwGH weitere Details zur Zulässigkeit von Direktvergaben im ÖPNV.
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Rechtlicher Kontext

Der VwGH stellte nun noch einmal ausdrücklich klar: Die Veröffentlichung einer Vorinformation gemäß Art 7 Abs 2 der Verordnung 1370/2017 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße (PSO-VO) ist zwingende Voraussetzung für eine Direktvergabe (nähere Details finden Sie in unserem Update Vergabe 6/2019: „Neues zu Vergaben im öffentlichen Personennahverkehr).

Der VwGH befasste sich nun auch mit der Frage, ob die Unterlassung einer Vorinformation vor dem Verwaltungsgericht geltend gemacht werden kann. Nach dem VwGH sei die Regelung zur Erstattung einer Vorinformation nicht bloß eine sanktionslose Obliegenheit. Wird eine Vorinformation unterlassen, droht jedem potentiellen Bieter ein Schaden im Sinn einer Beeinträchtigung seiner Chance zur Teilnahme am Vergabeverfahren. Vor diesem Hintergrund kann jeder potentielle Bieter eine ohne vorangegangene Vorinformation erfolgte Direktvergabe mit einem Feststellungsantrag bekämpfen (VwGH 16.10.2019, Ro 2017/04/0024).

Instanz

In der aktuellsten Entscheidung im ÖPNV-Bereich beschäftigt sich der EuGH mit der Frage, welche Informationen der Auftraggeber in der Vorinformation bei Direktvergaben zu veröffentlichen hat und ob der Auftraggeber verpflichtet ist bei Durchführung einer Direktvergabe eine vergleichende Bewertung der eingegangenen Angebote vorzunehmen.

Jeder Auftraggeber muss ein geplantes Vorhaben im ÖPNV-Bereich spätestens ein Jahr vor einer Direktvergabe oder Einleitung eines wettbewerblichen Verfahrens EU-weit bekanntmachen. Die Vorinformation muss gemäß Art 7 Abs 2 PSO-VO mindestens den Namen und Anschrift der zuständigen Behörde die Art des geplanten Vergabeverfahrens und von der Vergabe möglicherweise betroffene Dienste und Gebiete enthalten.

Der EuGH stellte nunmehr ausdrücklich klar, dass der Auftraggeber bei einer Direktvergabe nicht verpflichtet ist über den Mindestinhalt hinausgehende Informationen zu veröffentlichen, damit Wirtschaftsteilnehmer ein Angebot erstellen können und Gegenstand einer vergleichenden Bewertung sein kann. Bereits aufgrund der gemäß Art 7 Abs 2 PSO-VO veröffentlichten Informationen sei es einem Wirtschaftsteilnehmer nämlich möglich, Einwände gegen eine Direktvergabe zu erheben. Zusätzliche Informationen sind zur Wahrung des Rechtsschutzes nicht erforderlich.

Auftraggeber sind bei der Direktvergabe außerdem nicht verpflichtet, die eingegangenen Angebote einer vergleichenden Bewertung zu unterziehen. Der EuGH sieht die vergleichende Bewertung nämlich als typisches Charakteristikum des „wettbewerblichen Verfahrens“. Eine vergleichende Bewertung bei der Direktvergabe würde eine Gleichsetzung mit dem wettbewerblichen Verfahren bedeuten, was vom Unionsgesetzgeber jedoch nicht gewollt ist (EuGH 24.10.2019 C-515/18).

Sophie-Anna Werzin

 

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