Update Vergabe 26.03.2019

Änderungen im BVergG 2018, die Sie vielleicht noch nicht kennen (Teil 2)

Kleine Änderungen im BVergG 2018 können auf die Vergabepraxis große Auswirkungen haben, bleiben aber oft unter dem Radar. Aus diesem Grund widmen wir ihnen eine Beitragsreihe.
  • EuGH
  • VwGH
  • BVwG / LVwG
  • Sonstiges
Novelty
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Rechtlicher Kontext

  • Markterkundung
  • Das Ende der Referenzbestätigung?

Instanz

Auftraggeber stehen oft vor der Herausforderung, umfangreiche und komplexe Beschaffungsvorhaben, die technische-, rechtliche- und/oder wirtschaftliche Kenntnisse erfordern, abzuwickeln. Fehlt ihnen zur Vorbereitung eines Vergabeverfahrens das notwendige Know-how oder möchten sie zunächst gar nur Ideen zur Realisierung sammeln, ist die Einbeziehung Dritter unumgänglich. Dass es sich bei diesen Dritten regelmäßig um potentielle Bewerber und Bieter handelt, kann dies Auftraggeber in eine heikle Situation bringen (Stichwort Vorarbeitenproblematik, Gleichbehandlungsgebot).

Auf Grundlage der Vorgaben in den aktuellen Vergaberichtlinien hat der österreichische Gesetzgeber nun eine gesetzliche Grundlage für die (von der Rechtsprechung bereits bisher in einem gewissen Umfang gebilligte) Einbeziehung von Dritten geschaffen (siehe §§ 24 und 197 BVergG 2018; § 17 BVergGKonz 2018; das BVergGVS 2012 enthält keine entsprechende Regelung). Demnach können Auftraggeber zur Vorbereitung eines Vergabeverfahrens sogenannte Markterkundungen durchführen und im Rahmen solcher Markterkundungen Dritten ihre Pläne und Anforderungen hinsichtlich der zu beschaffenden Leistung bekannt geben. Die so eingeholten Informationen können in weiterer Folge für die Planung und Durchführung des Beschaffungsverfahrens eingesetzt werden.

Die Einbeziehung von Dritten kann auf verschiedene Arten erfolgen. So können Auftraggeber direkt Kontakt mit Sachverständigen oder auch potentiellen Bietern aufnehmen. Beim Kontakt mit potentiellen Bietern ist allerdings Vorsicht geboten: Diese sind womöglich daran interessiert, eigene Interessen – zwecks einer für sie günstigen Ausgestaltung der Ausschreibungsunterlagen – in das Vergabeverfahren einfließen zu lassen.

Deshalb wird in den genannten Bestimmungen zur Markterkundung normiert, dass die Verwendung der dabei erlangten Informationen nur zulässig ist, sofern der Wettbewerb nicht verzerrt oder gegen die Grundsätze des Vergabeverfahrens – insbesondere jene der Gleichbehandlung und Transparenz – verstoßen wird. Markterkundungen können insb zugleich als Vorarbeiten (siehe §§ 25 und 198 BVergG 2018 und § 18 BVergGKonz 2018) zu qualifizieren sein. In solchen Fällen sind Auftraggeber gesetzlich „doppelt verpflichtet“, sicherzustellen, dass der Wettbewerb durch die Teilnahme von an Vorarbeiten beteiligten potentiellen Bietern nicht verzerrt wird. In einigen Fällen kann es notwendig sein, aktiv Maßnahmen zu setzen, um allfällige Vorteile, die Bieter im Zuge der Markterkundung womöglich erlangen, auszugleichen (Offenlegung bestimmter Informationen etc). Genügt ein solcher Vorteilsausgleich nicht, um einen fairen und lauteren Wettbewerb zu gewährleisten, ist der Betroffene – nach Einräumung der Möglichkeit zur Erbringung des Freibeweises – vom Verfahren auszuschließen. Der Ausschluss ist aber nur die ultima ratio.

Die vom Auftraggeber eingesetzten Mittel zur Vorteilsausgleichung sind schließlich im Vergabeakt zu dokumentieren. Wie so oft im Vergaberecht gilt auch hier: Dokumentation ist alles!

Sachverhalt

Ein häufiges Thema beim Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit im „klassischen“ Anwendungsbereich des BVergG 2006: Der Auftraggeber verlangt die Vorlage von Referenznachweisen. Der Bewerber/Bieter übermittelt seinen Teilnahmeantrag/sein Angebot samt ausgefülltem, aber vom Referenzauftraggeber nicht unterschriebenem Referenzformblatt. Die Folge des Fehlens der Unterschrift war bisher die Notwendigkeit einer Verbesserung (verbesserbarer Mangel) und ein damit einhergehender Zeitverlust. Das BVergG 2018 bereitet diesem Formalismus ein Ende.

Die Beglaubigung des Referenznachweises war bisher in § 75 Abs 2 BVergG 2006 zwingend vorgesehen, sofern das Referenzprojekt für einen öffentlichen Auftraggeber erbracht wurde. Bei privaten Referenzauftraggebern konnte die Bestätigung bereits bisher durch eine einfache Erklärung des Unternehmers erfolgen, falls eine Bescheinigung des Referenzauftraggebers „nicht erhältlich“ war. In der Nachfolgebestimmung (§ 85 BVergG 2018) sucht man vergebens nach einer Bestätigungsanforderung – sowohl hinsichtlich öffentlicher als auch hinsichtlich privater Referenzauftraggeber. Der Gesetzgeber hat damit dem Wunsch der Praxis nach einem weniger von Formalanforderungen geprägten Vergabeverfahren in einem kleinen, aber nicht unwesentlichen Punkt entsprochen.

Hinweis: Die neue Gesetzeslage befreit den öffentlichen Auftraggeber nicht von seiner allgemeinen Pflicht zur Prüfung der Angebote, in deren Rahmen er (zumindest stichprobenartig bzw bei Auffälligkeiten) die Richtigkeit der Angaben auch kontrollieren sollte (zB durch Rückfrage beim Referenzauftraggeber).

Gabriel Kielbasa / Sebastian Feuchtmüller

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