Update Vergabe 17.06.2021

VwGH: Wann öffentliche Auftraggeber Auskünfte über ihre Vergaben geben müssen (und wann nicht)

Auch von öffentlichen Auftraggebern werden immer wieder Auskünfte über ihr Beschaffungswesen begehrt. In welchen Fällen sind die angefragten Informationen herauszugeben? Der VwGH gibt wichtige Anhaltspunkte dafür, wann sich öffentliche Auftraggeber auf vergaberechtliche Vertraulichkeitsverpflichtungen berufen können.
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Rechtlicher Kontext

Öffentliche Auftraggeber müssen einerseits alle bei der Durchführung eines Vergabeverfahrens ausgetauschten Informationen vertraulich behandeln und dürfen diese nicht weitergeben (§ 27 Abs1 und Abs 2 BVergG 2018). Andererseits sind öffentliche Auftraggeber nach den jeweils für sie geltenden Auskunftspflichtgesetzen (spezifische Landesauskunftspflichtgesetze bzw Auskunftspfllicht des Bundes) zu bestimmten Auskünften verpflichtet. Nach dem Wiener Auskunftspflichtgesetz etwa kann jedermann schriftlich, mündlich oder telefonisch Informationen von den (Wiener) Landes- und Gemeindeorganen verlangen. Der öffentliche Auftraggeber muss grundsätzlich jede Anfrage beantworten. Es gibt jedoch gesetzliche Verschwiegenheitspflichten, die eine Auskunftsverweigerung rechtfertigen können; vgl etwa die Vertraulichkeitsverpflichtung des § 27 Abs 1 BVergG.

Instanz

Im vom VwGH zu beurteilenden Fall begehrte der Auskunftswerber vom Magistrat für journalistische Zwecke Informationen über quartalsweise Auftragswerte von vergebenen Inseraten und Werbeeinschaltungen der Stadt Wien ohne Verweis auf konkrete Vergabeverfahren. Der Magistrat verweigerte mit Verweis auf die Geheimhaltungsverpflichtung nach dem Bundesvergabegesetz die Auskunft. Als öffentlicher Auftraggeber behandle er die angefragten Informationen vertraulich. Das Auskunftspflichtgesetz werde von den Bestimmungen des BVergG verdrängt.

Entscheidungsinhalt

Der VwGH prüfte das Verhältnis des BVergG zum Auskunftspflichtgesetz: Aus § 27 Abs 1 BVergG ergebe sich nicht, dass (sämtliche) Informationen im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren stets als vertraulich zu behandeln seien und nicht bekannt gegeben werden dürften. Die Bekanntgabe von Informationen aufgrund eines Auskunftsbegehrens sei daher möglich.
Der öffentliche Auftraggeber könne sich zur Auskunftsverweigerung nur auf die vergaberechtliche Vertraulichkeitsverpflichtung berufen, wenn sich die begehrte Information aus einem bestimmten Vergabeverfahren ergibt. Umgekehrt kann sich der öffentliche Auftraggeber bei allgemeinen Auskunftsbegehren – ohne Bezug auf ein konkreten Vergabeverfahren – nicht pauschal auf die Geheimhaltungsverpflichtung nach dem BVergG stützen, um sich von seiner Auskunftspflicht zu befreien. Die Tatsache, dass das BVergG eine Vertraulichkeitsbestimmung enthält, bewirke nicht per se die Unanwendbarkeit des Auskunftspflichtgesetzes.

Ergebnis/Fazit

Auftraggeber werden in naher Zukunft eine Vielzahl an Informationsbegehren nach dem geplanten Informationsfreiheitsgesetz (IFG) zu beurteilen haben. Der derzeitige Gesetzesentwurf enthält keine Regelung zum Verhältnis der Informationsfreiheit zu (einfach-)gesetzlichen Bestimmungen über Veröffentlichungs- und Geheimhaltungspflichten, die in zahlreichen Materiengesetzen (wie insb im Bundesvergabegesetz) vorgesehen sind. Es bleibt daher spannend, ob der Gesetzgeber das Verhältnis des BVergG zum IFG ausdrücklich regeln wird.

Monika Slunsky / Sophie Reiter-Werzin

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