Update Vergabe 15.02.2022

VwGH: Bieterin versuchte Widerruf zu erzwingen, um ihrem Ausscheiden zu entkommen

In der Regel sind die Entscheidungen eines öffentlichen Auftraggebers in einem Vergabeverfahren anfechtbar. Aber wie sieht es mit nicht getroffenen Entscheidungen aus, etwa einem unterlassenen (aber gebotenen) Widerruf? Kann dies in einem Nachprüfungsverfahren gegen eine Ausscheidungsentscheidung geltend gemacht werden?
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Rechtlicher Kontext

Öffentliche Auftraggeber sind in bestimmten Situationen verpflichtet, ein Vergabeverfahren zu widerrufen (§§ 148 f BVergG 2018). Bereits in der Vergangenheit hatten Bieter versucht, den Widerruf eines Verfahrens zu erzwingen und dessen Unterlassung angefochten. Allerdings mit wenig Erfolg: Der VwGH sieht in der Unterlassung eines Widerrufs selbst keine gesondert anfechtbare Entscheidung (VwGH 20.10.2004, 2004/04/0105; vgl auch VfGH 02.03.2002, B 691/01 ua; B 451/02 ua), was letztlich zur Zurückweisung der Nachprüfungsanträge führte.

Instanz

Im Anlassfall versuchte eine Bieterin, den unterlassenen Widerruf im Rahmen ihrer Anfechtung der Ausscheidung geltend zu machen. Gemäß § 347 Abs 1 Z 1 BVergG 2018 können Bieter ihre Ausscheidung nämlich nicht nur bei Rechtswidrigkeit der Ausscheidensentscheidung selbst anfechten (1. Fall), sondern auch wenn eine der Ausscheidung vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung (2. Fall) rechtswidrig ist.

Der VwGH versagt der Anfechtung des vermeintlich gebotenen aber unterlassenen Widerrufs auch in diesem Fall den Erfolg: Er bekräftigt zunächst die Rechtsprechung des VfGH, wonach „Entscheidungen“ des Auftraggebers „nur nach außen in Erscheinung tretende Willenserklärungen“ sind. Somit kann auch einer Ausscheidensentscheidung selbst – im Gegensatz etwa zur Zuschlagsentscheidung – kein hinreichend bestimmter Erklärungswert entnommen werden, die Auftraggeberin wolle einen Widerruf unterlassen. Ein Bieter kann gegen das Ausscheiden seines Angebotes auch keine Gründe geltend machen, die sich nur gegen die Fortführung des Vergabeverfahrens an sich richten, ohne dass diese Gründe für sich die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Ausscheidensentscheidung betreffen.

Ergebnis/Fazit

Die Unterlassung eines Widerrufs ist keine gesondert anfechtbare Entscheidung. Sie kann auch nicht als einer Ausscheidung vorangegangene nicht gesondert anfechtbare Entscheidung qualifiziert werden. Allein aus der (möglicherweise tatsächlich rechtswidrigen) Unterlassung, ein Verfahren zu widerrufen, kann sich somit keine Rechtswidrigkeit der Ausscheidensentscheidung ergeben.

Sebastian Feuchtmüller / Monika Slunsky

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