Update Vergabe 24.01.2019

VfGH hebt Bestimmungen des Kärntner Vergaberechtsschutzgesetzes auf

Aufgrund der Säumnis des Bundesgesetzgeber mit der Umsetzung der Vergaberichtlinien, hatte der Kärntner Landesgesetzgeber 2017 selbst die Initiative ergriffen und mit einer Novelle zum Kärntner Vergaberechtsschutzgesetz 2014 einen vergaberechtlichen Rechtsschutz für Dienstleistungskonzessionen in Kärnten eingeführt. Der VfGH beurteilte diese Regelung nun als verfassungswidrig.
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Rechtlicher Kontext

Art 14b B-VG regelt die Kompetenzverteilung im Bereich des öffentlichen Auftragswesens zwischen Bund und Ländern. Während der Bund für die Gesetzgebung im Bereich „materielles Vergaberecht“, das die Vorgehensweise bei der Vergabe von Aufträgen umschreibt (etwa Vorschriften betreffend Ausschreibung; Prüfung der Eignung der Bieter) zuständig ist, sind die Länder für die Gesetzgebung in den Angelegenheiten der Nachprüfung im Rahmen der Vergabe von Aufträgen im Vollzugsbereich der Länder (Vergabekontrolle) zuständig.

Instanz

Da der Bund mit der Umsetzung der Vergaberichtlinien säumig war, führte der Kärntner Landesgesetzgeber2017mit § 6 Abs K-VergRG einen vergaberechtlichen Rechtsschutz für Dienstleistungskonzessionsverträge ein. Nach dem Willen des Kärntner Landesgesetzgebers sollten damit die in der Konzessionsrichtlinie enthaltenen Änderungen der Rechtsmittelrichtlinie umgesetzt werden. Unter anderem erklärt § 6 Abs 2a K-VergRG in einem Verfahren zur Vergabe von Dienstleistungskonzessionen jede nach außen in Erscheinung tretende Festlegung des Auftraggebers als gesondert anfechtbare Entscheidung anzusehen.

In dem der Entscheidung des VfGH zugrunde liegenden Sachverhalt schrieb die SIG-Seeliegenschaftgesellschaft Kärnten Verwaltungs GmbH die Vergabe einer Dienstleistungskonzession für den Betrieb des öffentlichen Strandbads und/oder des Seerestaurants auf der Seeliegenschaft Bad Saag am Wörthersee im Rahmen eines offenen Verfahrens mit vorheriger Bekanntmachung nach dem BVergG 2006 aus. Mit einem Nachprüfungsantrag bekämpfte eine Bieterin die Mitteilung der Zuschlagsentscheidung beim LVwG Kärnten. Das LVwG erklärte die Mitteilung der Zuschlagsentscheidung für nichtig und erachtete sich als im Verfahren zur Nachprüfung der Vergabe einer Dienstleistungskonzession für zuständig, weil die Mitteilung der Zuschlagsentscheidung gemäß § 6 Abs 2a K-VergRG eine selbstständig anfechtbare Entscheidung darstelle und der Landesgesetzgeber durch diese Bestimmung einen vergaberechtlichen Rechtsschutz geschaffen habe. Dagegen erhob eine Bieterin eine Erkenntnisbeschwerde beim VfGH. Der VfGH leitete aufgrund kompetenzrechtlicher Bedenken von Amts wegen ein Gesetzesprüfungsverfahren ein.

Entscheidungsinhalt

Der VfGH erachtete die Bestimmung des Kärntner Vergaberechtsschutzgesetzes zur Nachprüfung von Dienstleistungskonzessionsverträgen aus folgenden Gründen als verfassungswidrig:

  • Der Landesgesetzgeber darf nur dann ein Nachprüfungsverfahren vorsehen, wenn der Bundesgesetzgeber ein entsprechendes Vergabeverfahren und subjektive Rechte der Bewerber und Bieter geregelt hat. Der Bundesgesetzgeber wollte nach der Ansicht des VfGH mit § 11 BVergG 2006 aber kein spezifisch geregeltes Vergabeverfahren für Dienstleistungskonzessionsverträge vorsehen. Demnach durfte der Landesgesetzgeber mangels Einführung einer materiellen Verfahrensregelung durch den Bundesgesetzgeber kein Nachprüfungsverfahren schaffen.
  • Auch der Einwand der Kärntner Landesregierung, die Bestimmung in Umsetzung des Vergaberichtlinienpakets aufgrund der Säumnis des Bundes getroffen zu haben, ändert nichts an der Verfassungswidrigkeit der Bestimmung. Zwar sind die Länder zur Umsetzung jener Teile der Vergaberichtlinienpakete 2014 verpflichtet, sofern diese Angelegenheiten der Nachprüfung betreffen. Dies ändert aber nichts daran, dass die Zuständigkeit der Landesgesetzgeber zur (in Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben ergehenden) Regelung des Nachprüfungsverfahrens nur dann besteht, wenn und soweit der Bundesgesetzgeber eine entsprechende materielle vergaberechtliche Regelung erlassen hat. Bis dahin trifft die Verantwortung für die Umsetzung ausschließlich den Bund.
  • Darüber hinaus fällt die Festlegung gesondert anfechtbarer Entscheidungen in die Kompetenz des Bundes und nicht in die Zuständigkeit der Länder zur Regelung der Angelegenheiten der Nachprüfung.

Ergebnis/Fazit

Der Landesgesetzgeber darf nur dann ein Nachprüfungsverfahren vorsehen, wenn der Bundesgesetzgeber ein entsprechendes Vergabeverfahren mit hinreichend spezifischen Regelungen vorgesehen hat. Liegt dies nicht vor, ist dem Landesgesetzgeber selbst dann eine gesetzliche Regelung des Nachprüfungsverfahrens verwehrt, wenn er sich dabei auf die Säumnis des Bundes mit der Umsetzung von Richtlinienvorgaben stützt.

Die Festlegung gesondert anfechtbarer Entscheidungen zählt zum materiellen Vergaberecht und fällt daher in die Kompetenz des Bundesgesetzgeber. Der Landesgesetzgeber darf keine Festlegungen gesondert anfechtbarer Entscheidungen treffen.

Sophie-Anna Werzin

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